Willkommen beim freien Tanztraining in Leipzig

26. August 2013 / By

Ich biege mit Denis um die Ecke und lande auf einem Privatgelände. Obwohl, wieso sieht man dann von allen Seiten junge Leute mal rein und mal raus gehen oder mit dem Fahrrad fahren? Ich schaue auf ein Schild. Bootshaus Leipzig. Aha, das erklärt einiges. Ich schließe mein Fahrrad an und folge Denis zu einer kleinen Gruppe Menschen am Flussufer. Musik dringt in mein Ohr und wird lauter je näher wir kommen. Zuerst begrüßen wir alle, ich kenne niemanden außer Goldie und den auch nur eher flüchtig.

Denis fragt Goldi, ob das Training schon begonnen hat und verwickelt ihn dann in ein Gespräch. In der Zeit schaue ich mich um. Vor uns stehen Bänke zusammen. Auf der einen entdecke ich eine Art Mini-Box – ach daher die Musik. Hinter uns liegt der Fluss und ein Steg zum Einstieg für die Ruderboote. In der anderen Richtung liegt das Hauptgebäude mit scheinbar unendlich vielen blauen Türen. Eine steht offen…Denis dreht sich zu mir: „Wir warten noch auf Sascha.“ Ich nicke.

Die anderen stehen nacheinander auf und gehen durch die offene blaue Tür. Da muss also das Training stattfinden. Ich werde langsam neugierig und will endlich wissen, was genau sich nun hinter dem Freien Training verbirgt. Ich schaue auf die Uhr: 20.30 Uhr. Hm, Sascha müsste gleich da sein. Als er nach 15 Minuten noch nicht da ist, beschließen Denis und ich schon mal vorzugehen. Immerhin will Denis noch trainieren und der Raum ist nicht bis Mitternacht geöffnet. Ich folge Denis also gelassen durch die blaue offene Tür – Okay, gelassen stimmt nicht ganz. Ich bin echt aufgeregt.

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Kaum laufen wir durch den schmalen Gang, höre ich laute Musik und spüre das Vibrieren der Bässe. Ganz hinten angekommen, blicke ich vorsichtig in den kleinen Raum am Ende des Ganges. Denis begrüßt schon wieder die Leute – nenn mir einen Menschen, den er nicht in der Szene kennt :-). Der Raum ähnelt einem Turnraum. Links stehen Bänke mit integrierter Garderobe, die Wand ist relativ hoch und auf der einen Seite befindet sich eine Spiegelwand. Das Erste was mir auffiel, war der schon zertanzte Fußboden. Hier mussten schon einige tolle Moves geübt worden und entstanden sein.

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Die Musik, die läuft, ist unglaublich energiegeladen. Die riesigen Boxen an den Seiten bekräftigen die klaren Klänge und wandeln sie zu außergewöhnlichen Beats, wie ich sie nur selten woanders gehört habe. Ich setze mich auf eine der Bänke und beobachte die Tänzer. Es befinden sich ca. 12 Personen auf der Trainingsfläche. Es gibt ganz viele unterschiedliche Tanztypen mit unterschiedlichen Niveaus, wie ich feststelle. Krump, Tutting, Popping, Breakdance, HipHop-Style und so weiter in einem Raum. Was besonders meine Aufmerksamkeit auf mich zieht, waren 2 Tänzer, die ihre Steppschuhe anziehen und sich doch tatsächlich zu den Beats rhythmisch bewegen können. Und es klingt wirklich gut. Ich bin fasziniert von den ganzen Eindrücken, die in nur kurzer Zeit auf mich einfließen.

Die Atmosphäre ist entspannt, locker und gelassen. Man redet zwischen Tanzpausen, albert mit Schritten herum und arbeitet trotzdem ernsthaft am eigenen Stil. Neue Moves werden ausprobiert, verinnerlicht oder verbessert. Jeder tanzt einfach, wann, wo und wie er will. Es ist ein Gefühl der Isolation und zugleich ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Es ist unglaublich! Niemand urteilt über den anderen oder steht im Konkurrenzkampf zueinander. Es kommt sogar vor, dass sich für kurze Zeit eine Art Schüler – Mentor – Verhältnis entwickelt. So führt der Mentor einen tanzbegabten Schüler in die Art des Freien Trainings ein und zeigt ihm, wie er damit am besten seinen Tanzstil verbessern kann. Denn hier bringt einfach jeder seine Ideen und Gedanken mit. Die Musik ist variabel, je nachdem wer was dabei hat. Was natürlich niemanden daran hindert, selbst isoliert von der Musik der anderen mit eigenen Kopfhörern zu trainieren.

Jeder ist also frei vom stupiden Kursalltag, frei vom Choreographietraining auf eine vorgegebene Musik – jeder kann einfach frei trainieren.
21.15 Uhr kommt Sascha und springt mit auf die Trainingsfläche. Umringt von Tänzern, Musik und einem wunderbaren Gefühl der Freiheit, lasse ich mich noch eine Weile vom Fluss der Impressionen mitreißen.

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